Vier Dresdner vermieten bald Container, in denen Cannabis angebaut werden kann. Ihre Idee geht durch die Decke, deutschlandweit reisen Interessenten an. Woran das liegt.
Von Connor Endt
Dresden. Auf einem Acker in Dresden-Hosterwitz wird dieser Tage Unternehmergeschichte geschrieben. Zwischen Beeten mit Gladiolen und Pfingstrosen führt ein staubiger Schotterweg zu zwei weiß-grünen Baucontainern. Auf denen prangen drei Worte: „Buds & Leaves“ – Knospen und Blätter.
Yannick Wolfsteiner, Ansgar Reinicke und zwei weitere Mitstreiter haben die Idee für „Buds & Leaves“ im vergangenen August ausgeheckt. Ihr Ziel: Sie wollen Container zum Anbau von Cannabis vermieten. Die beiden sind gelernte Botaniker, haben Gartenbauwissenschaften an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Dresden studiert. Wenn sie über Gartenbau sprechen, dann fallen Bezeichnungen wie „Lipide“, „graudicht“ oder „C3-Pflanzen“.
„Wir wollen Vereine bei dem Anbau von Cannabis unterstützen und dafür eine Gesamtlösung anbieten“, sagt Wolfsteiner. Mit Vereinen meint er sogenannte Cannabis Social Clubs (CSCs). Das Anfang April verabschiedete Cannabis-Gesetz erlaubt es solchen Clubs, Cannabis anzubauen und an ihre Mitglieder abzugeben. Generell ist der Cannabis-Anbau aber an bestimmte Bedingungen geknüpft: Wer die Pflanze anbaut, muss sicherstellen, dass andere Menschen, insbesondere Minderjährige, keinen Zugang zu den Marijuanapflanzen haben.
Kein Container, sondern ein Hightech-Labor in Dresden
„Unsere Container erfüllen alle gesetzlichen Vorgaben und sind gleichzeitig ein voll ausgestattetes Labor“, sagt Ansgar Reinicke. Gekühlt und geheizt werde über eine Wärmepumpe, die Pflanzen können belüftet und entfeuchtet werden. LED-Lampen bringen das optimale Licht, auf dem Dach können zudem Solarpanels installiert werden. Die perfekte Aufzucht haben Reinicke und Wolfsteiner übrigens an Pfefferminzpflanzen erprobt – die haben ähnliche Eigenschaften wie das damals noch illegale Cannabis.
„Das sind Bedingungen, die man so in der freien Natur nicht hat“, erklärt Yannick Wolfsteiner. „Dort können die Pflanzen schnell von Schädlingen befallen werden, schimmeln oder eingehen.“ Hinzu kommt der Aspekt Sicherheit: Die Grow-Container verfügen über einen Tresor, in dem das Cannabis übergangsweise gelagert werden kann. Ein Türgitter bietet Schutz vor Einbrechern. Zusätzlich sind die Container mit Alarmanlagen und Sensoren geschützt. „Bei Einbruchversuchen wird eine Sicherheitsfirma alarmiert, die dann wiederum die Polizei ruft“, so Reinicke.
„Buds & Leaves“ setzt auf regionale Zulieferer. „Alle unseren Komponenten kommen aus Europa, die meisten aus Deutschland“, sagt Yannick Wolfsteiner. „Wir versuchen, so regional wie möglich zu produzieren.“ Die Möbel im Inneren der Container fertigt ein Leipziger Schreiner. Das Computersystem, mit dem der Anbau überwacht wird, entwickelt eine Softwarefirma aus Frankfurt am Main.
Leasing-Gebühren liegen bei unter zwei Euro pro Gramm Cannabis
Mit ihren Containern richtet sich „Buds & Leaves“ ganz konkret an die zahlreichen CSCs, die deutschlandweit gerade aus dem Boden schießen. Diese Clubs stünden laut Wolfsteiner vor drei großen Herausforderungen: der Finanzierung, einem Mietkonzept und der Standortsuche.
„Unsere Container sind umfangreich gesichert und können wir bei einem Baukasten erweitert werden“, sagt er. Kein CSC könne eine riesige Halle anmieten und beheizen. Bei steigenden Mitgliedszahlen könne man mit den Containern aber im Handumdrehen die Anbaufläche vergrößern. In jedem der 16 Quadratmeter großen Containern könne man genug anbauen, dass jedes der 50 bis 70 Mitglieder die gesetzlich zulässigen 50 Gramm Marijuana abnehmen könnte.
Wie viel die CSCs an Miete zahlen müssen, das sagen die beiden Gründer nicht. Für ein im Grow-Container herangezogenes Gramm Cannabis wird aber eine Leasing-Gebühr von unter zwei Euro fällig. Rechnet man mit 50 CSC-Mitgliedern, die jeweils 50 Gramm Gras mit nach Hause nehmen, würden Leasinggebühren von unter 5.000 Euro anfallen. Zum Vergleich: Wer Cannabis illegal erwirbt, muss mit Preisen um die zehn Euro pro Gramm Cannabis rechnen. Hinzu kommt: Niemand weiß genau, womit das Cannabis vom Schwarzmarkt gestreckt wurde.
Bisher schon 200 Anfragen, Tendenz stark steigend
Yannick Wolfsteiner, Ansgar Reinicke und ihre Mitstreiter sind ein Risiko eingegangen, als sie „Buds & Leaves“ gegründet haben. Bis zum 1. April war nicht klar, ob das geplante Cannabis-Gesetz nicht doch noch gekippt wird. Eine zukünftige Bundesregierung kann das Gesetz jederzeit verändern oder verschärfen.
Doch ihr Plan geht bisher auf. „Wir haben jetzt schon 200 Anfragen, täglich kommen zwei bis fünf neue dazu“, sagt Yannick Wolfsteiner. Social Club-Gründer würden aus der ganzen Bundesrepublik nach Hosterwitz reisen, um sich die Container anzuschauen. Selbst aus den Niederlanden habe man schon anerkennende Worte für die Container-Lösung „Made in Dresden“ bekommen.
Die Container von „Buds & Leaves“ werden in Ohorn, rund 27 Kilometer von Hosterwitz entfernt, gefertigt. Ab dem 1. Juli werden Lkw die Container dann quer durch ganz Deutschland fahren. Dann sollen die Cannabis-Clubs Marijuana offiziell anbauen können. „Ein ähnlich ausgefeiltes System, entwickelt von Botanikern, gibt es in Deutschland nicht“, sagt Yannick Wolfsteiner stolz.
Das Büro von „Buds & Leaves“ ist aktuell noch ein Container, der direkt in der Produktionshalle in Ohorn steht. Das dürfte sich angesichts der Nachfrage aber schnell ändern.
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